Unkulinarium

Eine interaktive Ausstellung

Video von Peter Boesken

„Essen als gemeinsames kulturell-gesellschaftliches Erlebnis – unterbrochen/jäh gestoppt/unmöglich gemacht durch Corona“

Drei Monate – Februar bis April 2021 – dauerte die Zur-Schau-Stellung der festlich gedeckte, jedoch leblosen Installation. Dem öffentlichen Aufruf in der Presse folgten 25 Personen und beteiligten sich mit Objekten, Fotos, Filmen, Texten und Bildwerken jeglicher Art an dem Projekt, zuletzt
umfasste das Unkulinarium über 100 Objekte und Beiträge. Nur ein geringer Teil wurde gleich zu Beginn eingereicht, die meisten Arbeiten kamen im Laufe der Zeit kamen dazu, bezogen sich auf bereits Vorhandenes oder auf die aufgebaute Szenerie.

Trotz der Corona-Schließungen war es mit Voranmeldungen, kleinster Gästezahl und Corona-Hygienemaßnahmen möglich, dass ca. 80 Interessierte die Galerie besuchen konnten. Zudem wurden kleine Treppchen gebaut, die das Betrachten des Raumes vom Außenbereich durch’s Fenster ermöglichten. Der Blick von außen nach innen auf die Installation war von Beginn an eingeplant. In der Dämmerung sorgte eine dezente Beleuchtung der Räume für eine festliche Stimmung. Rückmeldungen von „Zaungästen“, wie Spuren im Schnee und kleine hinterlassene Mitteilungen in Form von Zetteln oder „Ostfrieslandkieseln“ zeigten, dass das Angebot genutzt wurde.

Anders als bei „üblichen“ Ausstellungen schlenderten die Besucher nicht innerhalb kurzer Zeit und eher distanziert-unbeteiligt durch die Ausstellungsräume. Stattdessen blieben die Gäste lange, fühlten sich angesprochen, denn das Thema betraf ja uns alle: ein vorbereitetes Fest darf nicht stattfinden! Die Situation hatte jeder Besucher während der Corona-Beschränkungen erlebt und jeder hatte etwas zu erzählen. Manche Gäste brachen kleine Texte oder Fotos mit.

Anders als bei „üblichen“ Ausstellungen gab es immer wieder etwas zu entdecken: nichts war von Anfang an klar zu überblicken, man musste genau hinschauen, von allen Seiten betrachten, in alle Ecken gehen, um ja nichts zu übersehen. Das Entdecken immer neuer Dinge machte den Besuchern großen Spaß.

Auch fand stets eine Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Arbeiten statt, die entweder realistisch echt aussahen oder das Thema fake-food auf humorvolle oder gesellschaftskritische Sichtweise bearbeiteten. Personen, die jahrelang nicht mehr kreatives gearbeitet hatten, wurden zum Teilnehmen animiert, ja einige wurden regelrecht aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt. Beispielsweise kam ein Teilnehmer fast jede Woche und brachte immer wieder neue Objekte, insgesamt 17 Stück. Zum Abschluss gab es eine live-stream-Lesung eines Autors, der diverse Objekte der Ausstellung in seine Erzählung einbaute.

Wir haben die Kreativität, die durch die lange Corona-Zeit zu versiegen drohte, wieder aktiviert. Wir haben neue Möglichkeiten des künstlerischen Austausches unter den
Künstlern und mit dem Publikum ausgelotet: für uns als Team war die coronagerechte Organisation der Veranstaltung eine große Herausforderung, aber nur so konnten wir herausfinden, was im künstlerischen Bereich trotz Corona-Einschränkungen überhaupt noch möglich ist. Ein Fazit aus dieser Arbeit ist, dass es durchaus viele
unkonventionelle Möglichkeiten der Interaktion gibt, die bislang wenig oder gar nicht genutzt wurden: flexible Öffnungszeiten mit Absprachen; „Schaufenster“ zur Galerie und Nutzung des Außenraumes; stärkere und intensivere Einbeziehung der sozialen Medien; intensive Netzwerkarbeit; öffentliche Aufrufe; Bereitstellung eines „Kunstortes“ mit der Möglichkeit der künstlerischen Arbeit allein oder mit Bezugnahme auf den „Vorgänger“. Wir haben gezeigt, dass Corona kein Grund zur künstlerischen Resignation ist, sondern, im Gegenteil, eine große experimentelle Chance bietet.

Homepage
http://www.kunstkreis-rhauderfehn.de/ausstellungen.html
https://www.facebook.com/kunstkreisrhauderfehn

General-Anzeiger
https://www.ga-online.de/-news/artikel/938957/Nicht-essen-gucken-Kuenstler-decken-die-Corona-Tafel
https://www.ga-online.de/-news/artikel/983382/Zum-Abschluss-nochmal-falsche-Haeppchen-und-eine-Lesung

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